Die Wasserdampfdiffusion

Wasserdampfmoleküle

Ein Wasserdampfmolekül hat die Grösse von nur einem Zehnmillionstel Millimeter (0,0000001mm), es ist für uns daher absolut unsichtbar. Dies erklärt auch, warum Stoffe, die absolut wasserdicht sind, relativ mühelos von Wasserdampf durchdrungen werden. Je poröser oder offenporiger ein Baustoff ist, desto weniger Widerstand besteht und der Druckausgleich ist in kürzester Zeit hergestellt. Diesen Vorgang nennen wir Wasserdampfdiffusion. Der Kennwert dafür ist die Diffusionswiderstandszahl µ (sprich Mü). Sie gibt an, wievielmal höher der Diffusionswiderstand des jeweiligen Materials ist als derjenige von Luft gleicher Schichtdicke.

 

Gut zu wissen!

  • Luft hat eine Diffusionswiderstandszahl von μ = 1
     
  • Mineralwolle hat eine Diffusionswiderstandszahl von μ = 1,5
     
  • Eine Dampfbremse, z.B. Ampatex DB 90 (thermisch verfestigte Endlosfasern mit PP-Füllschicht) hat eine Dampfdiffusionswiderstandszahl von μ = 60'606
     
  • Eine Dampfsperre, z. B. Sisalex 514 (Kraftpapier + Parafin + Glasfasergewebe + Aluminium) hat eine Dampfdiffusionswiderstandszahl von μ = 5'770'000

Diffusionswiderstand

sd-Wert

So betrachtet, hat unsere Dampfbremse Ampatex DB 90, welche vorher den stattlichen μ-Wert von 60'606 erreichte, nur noch eine relativ bescheidene diffusionsäquivalente Luftschichtdicke. sd = μ-Wert x Dicke in m = 60'606 x 0,00033 = 20 m

Faktoren für Wasserdampfdurchgang

Die Menge des durchdiffundierenden Dampfes ist abhängig von:

1. Diffusionswiderstandszahl (μ)
2. Schichtdicke des Baustoffes (d)
3. Lufttemperatur (ϑL) innen und aussen
4. relative Luftfeuchtigkeiten (ϕ ) innen und aussen (Dampfdruckgefälle)

Diffusionswiderstandszahl

Die Diffusionswiderstandszahl μ ist eine Stoffkonstante und unabhängig von der Schichtdicke. Für die Praxis am Bau ist sie nicht sehr relevant, weil jedes Material wieder eine andere Dicke hat. Wir vergleichen deshalb den Diffusionswiderstand eines üblicherweise im Bau verwendeten Materials (z. B. Beton 20 cm) mit dem Widerstand einer Luftschicht von 1 Meter Dicke. Diesen Wert nennen wir diffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd, welche wir in Meter (m) angeben.

 

Gut zu wissen!

Der Wasserdampf diffundiert von der Seite mit höherer zu der Seite mit niedrigerer absoluter Luftfeuchtigkeit.

 

Die Wasserdampfdiffusion

Die Wasserdampfkondensation

Wir wissen, dass Wasserdampf wandert. Dies ist auch bei genau gleichen Temperaturen innerhalb und ausserhalb des Gebäudes der Fall, weil ein Unterschied in der relativen Luftfeuchtigkeit ϕ und somit eine Partialdruckdifferenz Δ p (sprich Delta P) besteht.

Diese Dampfdiffusion ist solange ungefährlich, als auf der Seite mit geringerem Druck nicht auch eine deutliche tiefere Temperatur herrscht. Sobald dies der Fall ist, kann es kritisch werden. Die Temperaturdifferenz heisst Δϑ (spricht Delta Theta).

Zuerst ist es von grösster Wichtigkeit zu wissen, dass die maximale Menge Wasserdampf, welche die Luft aufnehmen kann, vor allem von der Lufttemperatur ϑ (sprich Theta) abhängt.

  • Bei 30 °C kann die Luft noch max. 30,40 g/m3 Wasserdampf aufnehmen (ps = 4’241 Pa).
     
  • Bei 20 °C kann die Luft noch max. 17,31 g/m3 Wasserdampf aufnehmen (ps = 2’337 Pa).
     
  • Bei 10 °C kann die Luft noch max. 9,41 g/m3 Wasserdampf aufnehmen (ps = 1’227 Pa).
     
  • Bei 0 °C kann die Luft noch max. 4,85 g/m3 Wasserdampf aufnehmen (ps = 611 Pa).
     
  • Bei -10 °C kann die Luft noch max. 2,14 g/m3 Wasserdampf aufnehmen (ps = 260 Pa).
     
  • Bei -20 °C kann die Luft noch max. 0,88 g/m3 Wasserdampf aufnehmen (ps = 103 Pa).

Gut zu wissen!

Die Angabe in Klammern zeigt den Sättigungsdruck (ps) auf, zwischen dem ersten Beispiel mit +30 °C und dem letzten mit –20 °C besteht eine Dampfdruckdifferenz Δ p von über 4000 Pa!

 

Erwärmung der Luft in einem geschlossenen Gefäss

Ausgangslage

In dem Gefäss befindet sich normale Raumluft mit einer Temperatur von 20 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit ϕ von 50 %. Somit sind effektiv 8,65 g/m3 Wasserdampf vorhanden, bei einem Partialdruck p von 1’169 Pa.

Erwärmung um 10 °C

Die Temperatur beträgt nun 30 °C, Wasserdampfmenge und Partialdruck p bleiben unverändert. Da die Luft jetzt aber max. 30,4 g/m3 Wasserdampf aufnehmen könnte, sinkt die relative Luftfeuchtigkeit ϕ auf 27,6 %.

Erwärmung um 20 °C

Auch bei 40 °C sind noch immer 8,65 g/m3 Wasserdampf vorhanden. Die relative Luftfeuchtigkeit ϕ ist aber nur noch 15,8 %, der Partialdruck p bleibt weiterhin 1'169 Pa.

Erwärmung um 40 °C

Auch bei 60 °C sind weiterhin 8,65 g/m3 Wasserdampf vorhanden. ϕ = 5,9 %, p = 1'169 Pa.

Diese Erwärmung der Raumluft führt somit zu einer Reduktion der relativen Luftfeuchtigkeit ϕ von 50 % auf 6 %.

Abkühlung der Luft in einem geschlossenen Gefäss

Ausgangslage

Wir stellen wieder die Ausgangslage her, wie sie auch beim vorhergehenden Beispiel der Erwärmung war: Luft von 20°C und ϕ = 50%.

Abkühlung um 10°C

Die Temperatur beträgt nun 10 °C, es sind immer noch 8,65 g/m3 Wasserdampf vorhanden. Der Partialdruck p bleibt hier unverändert. Da die Luft jetzt aber nur noch max. 9,41 g/m3 Wasserdampf aufnehmen kann, steigt die relative Luftfeuchtigkeit ϕ auf 95,2 %!

Wasserdampfsättigung

Bei der Temperatur von 9,3 °C ist die Luft mit 8,65 g/m3 Wasserdampf vollständig gesättigt, ϕ ist jetzt 100 %. p = 1'169 Pa ist jetzt der Sättigungsdruck ps, diese Sättigungsgrenze von 9,3 °C nennt man Taupunkttemperatur ϑT (sprich Theta T).

Wasserdampfkondensation

Eine weitere Abkühlung führt nun unweigerlich zur Kondensation. Bei 5° C kann die Luft nur noch max. 6,8 g/m3 Wasserdampf aufnehmen, die restlichen 1,85 g kondensieren zu Wasser! Der Sättigungsdruck ps ist jetzt nur noch 872 Pa!

Diese Reihe lässt sich ebenfalls fortsetzen, das Ergebnis ist allerdings viel verheerender als bei fortgesetzter Erwärmung. Bei -20 °C würden hier bereits 7,8 g Wasser pro m3 Luft anfallen!

Die Wasserdampfkondensation

Oberflächenkondensat bei Dampfproduktion

Wird viel Dampf produziert, z.B. beim Duschen, steigt ϕ auf beispielsweise 80 % bei 22 °C. Die Taupunkttemperatur ϑ T für dieses Klima ist 18,4 °C. Hat nun die Fensterscheibe eine Oberflächentemperatur von weniger als 18,4 °C, schlägt sich darauf Kondenswasser nieder!

Kondensationszone in Bauteilen

Findet die Dampfdiffusion bei grossem Temperaturgefälle statt, so kann in stark dampfdurchlässigen einschichtigen Baustoffen eine ausgeprägte Kondensationszone entstehen. Sie liegt in demjenigen Teil der Schicht, welcher kälter als die Taupunkttemperatur ϑ T ist.

Kondensationsebene in Bauteilen

In mehrschichtigen Bauteilen können bei ungünstiger Zusammenwirkung von verschiedenen Diffusionswiderständen örtliche Kondensationsebenen entstehen.

Kondensation bei Oberflächen

Bei 22 °C und ϕ = 50 % liegt die Taupunkttemperatur ϑ T bei 11,1 °C. Wird nun ein Teil dieser Oberfläche unter 11,1 °C abgekühlt, z. B. durch Wärmebrücken bildet sich darauf ein Oberflächenkondensat mit Schimmelbildung.

Wasserdampf in Gebäuden

Genau dasselbe passiert nun, wenn der Wasserdampf, der im Gebäude laufend produziert wird, auf seinem Weg durch die Konstruktion auf Bauteile oder Luftschichten trifft, deren Temperatur ϑ (Theta) unter der für das Innenklima relevanten Taupunkttemperatur ϑ T (Theta T) liegt.

 

Gut zu wissen!

Diese Kondensate führen nicht automatisch zu Bauschäden. Oft sind die Mengen so gering, dass sie problemlos wieder austrocknen können, ohne der Konstruktion geschadet zu haben.

 

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